Die Bohrarbeiten für das Geothermie-Projekt im St. Galler Sittertobel sind seit Anfang März Tag und Nacht im Gange. Nun steht das Projekt just vor der heissen Phase: In den nächsten Wochen sollte sich zeigen, ob in knapp 4500 Metern Tiefe das erhoffte Heisswasser gefunden wird.
Anders als in Basel, wo ein Geothermieprojekt Ende 2009 wegen Erdbeben gestoppt werden musste, waren in St. Gallen bislang spürbare Erschütterungen ausgeblieben.
Wurde in Basel versucht, unter Hochdruck einen künstlichen Wasserkreislauf zu erzeugen, so kommt in St. Gallen die schonendere hydrothermale Methode zur Anwendung.
Dabei soll eine natürliche wasserführende Schicht angezapft werden. Das Heisswasser gelangt über das Bohrloch an die Erdoberfläche, wird dort genutzt und durch ein zweites Bohrloch wieder in die Tiefe zurückgepumpt.
Die deutsche Itag Tiefbohr-GmbH installierte im März den 60 Meter hohen Bohrturm. Seither stehen die Arbeiter und Ingenieure rund um die Uhr, sieben Tage die Woche im Einsatz.
Eine vergleichbare Anlage, wie sie St. Gallen plant, liefert seit 2007 in Unterhaching bei München Heizwärme und seit 2009 auch Strom. Das Kraftwerk liegt wie Teile der Ostschweiz im Bereich eines Molassebeckens mit grossen Erdwärme-Ressourcen, wie die Stadt St. Gallen auf ihrer Geothermie-Website schreibt.
Trotz der schonenderen Methode wurden die Tiefenbohrungen in St.Gallen nun gestoppt. Die Behörden wurden durh die Erdstösse überrascht. Irgendwie kommt mir als Basler die ganze Geschichte bekannt vor. Seit Tagen gibt es in St.Gallen Mikrobeben in ca 4km Tiefe, die an der Oberfläche nicht gespürt werden sollten, jetzt kamen mehrere stärkere Beben -heute morgen 3.6- welche sehr wohl in der ganzen Ostschweiz gespürt wurden.
Wie in Basel im 2009, hat auch in St.Gallen durch die Geothermie Bohrungen die Erdbebenaktivität sowohl in Anzahl als auch in Stärke zugenommen. Zuerst hatten die Verantwortlichen die Situation runter gespielt, ‚die Mikrobeben stellen keine Gefahr dar, und würden keine Schäden verursachen‘.
Als dann heute morgen die Erde mit Magnitude 3.6 bebt, geben sich die Verantwortlichen überrascht. Die Parallelen zu den Vorkommnissen in Basel sind auffällig.
Der Erdbebendienst schreibt:
Der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich hat am Morgen des 20. Juli um 5:30 Uhr ein Erdbeben der Magnitude 3.6 in einer Tiefe von 4 km bei St. Gallen registriert. Das Erbeben wurde in der Region weiträumig verspürt. Leichte Schäden an Gebäude sind bei Beben dieser Magnitude und Tiefe nicht auszuschliessen.
Das Erdbeben steht wahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit den Test- und Stimulationsmassnahmen im Bohrloch des geplanten Geothermieprojekts St. Gallen. Zahlreiche Mikrobeben wurden in den letzten Tagen aufgezeichnet. Die Beben haben dabei in der Nacht vom 19. auf den 20. Juli in Anzahl und Stärke deutlich zugenommen. In den nächsten Tagen sind weitere Beben unserer Einschätzung nach nicht auszuschliessen.
Jetzt sind die Bohrungen in St.Gallen gestoppt. Wer damit glaubt, dass die Gefahr damit gebannt ist, täuscht sich. Die Verantwortlichen schreiben zwar, man habe die Situation im Griff, doch gleichzeitig schreibt der Erdbebendienst, dass mit weiteren Erdbeben gerechnet werden muss. In Basel, wo das Geothermie Projekt seit 2009 sistiert ist, muss gemäss Modellrechnungen während der nächsten 8-15 Jahren noch mit einer erhöhten Seismizität als direkte Folge der Geothermiebohrungen gerechnet werden. Durch die geringe Distanz des Epizentrums von der Erdoberfläche (4-5km) sind leider Magnituden von 1-2 schon deutlich spürbar.
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